Bei „Writing Identity“ (Schreiben und Identität) liegen zwar die eigenen Erfahrungen im Vordergrund, aber das dient in erster Linie der Entfaltung des eigenen Bewusstseins. Konkret bedeutet dies, dass jeder Schreibling sich bewusst sein sollte, was in seiner Umwelt passiert und einschätzen lernt, wo die wirklich interessanten Geschichten versteckt sind. Die Augen immer offen halten, heißt hier die Devise, aber auch das aktive Aufsuchen von Erlebnissen. Allein in deinem Zimmer wirst du keine spannenden Erfahrungen machen, die deine Texte bereichern, egal ob es um dich, deine Fantasiewelt oder ganz andere Dinge geht.
Soweit hat die Übung von letzter Woche schon einen Eindruck gegeben. Der nächste Schritt ist es, diese Entdeckungen auch schriftlich so wiederzugeben, dass der Leser es nachvollziehen kann. Um sich die nötigen Techniken anzueignen, macht man im Creative-Writing-Kurs Übungen, in denen es zum Beispiel darum geht, den morgendlichen Schulweg eines Kugelschreibers oder eines Schreibblocks zu berichten. Was hat der Gegenstand erlebt? Wie hat er gefühlt? Welche Probleme haben sich ihm in den Weg gestellt? Es könnte ja sein, dass es geregnet hat und der Schreibblock in eine Pfütze getreten ist.
Für so eine Aufgabe sind die Sinneseindrücke am wichtigsten, und zwar alle. Deine Fantasie wird erst richtig angeregt, wenn du dir überlegen musst, was so ein Schulblock riecht. Wie fühlt er eigentlich? So eine Pfütze wird für ihn auch nass sein, schätze ich, allerdings ist das für uns auch so. Hier sollte man die Besonderheit des Block herausstellen – der Block könnte eine raue Papprückwand haben, an der die Regentropfen hängen bleiben und ganz böse kitzeln; oder aber das Papier ist so weich, das der Wind durch es hindurchgeht und dabei wie Eispickel an tausend Stellen einsticht. Zu vergessen sind auch hier nicht das Hören, Sehen und Schmecken. Wer weiß, was so ein Block schmeckt – bestimmt nicht nur Papier und Leim.
Diese Woche ist die Aufgabe, sich ein Musikstück herauszusuchen, das Erinnerungen in einem weckt. Denkt zurück an eine Situation in dieser Erinnerung und holt alle Sinneswahrnehmungen hervor, die ihr noch im Kopf habt. Für jeden Sinn, Schmecken, Riechen, Hören, Sehen, Fühlen, braucht ihr mindestens zwei Beschreibungen. Wenn die Erinnerung nichts hergibt, erfinden, kreativ sein, aber es muss zu der kurzen Erzählung passen, die daraus entstehen soll. 300-500 Wörter dürften genügen. Die Ergebnisse dürfen als Kommentar gepostet werden.