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Mann_beim_Schreiben

Nachbearbeitung ist das A und O eines guten Textes, egal ob Gedicht, Kurzgeschichte oder Roman. Mancher wird jetzt sagen, dass er von dem und dem Autor gehört hat, der einfach losgeschrieben hat und fertig war ein perfektes Buch. Wer allerdings genauer hinsieht, erkennt, dass die Story genauso zigmal überarbeitet wurde – nur anders. Diese Autoren haben meist Wochen oder Monate Notizen gemacht, haben sich jeden Satz genau überlegt, haben alle Szenarien bis ins kleinste Detail geplant.

Meistens läuft es aber eher andersherum – nach ebenfalls ausreichender Planung wird erst einmal ein „Rough Draft“ (erster, unfertiger, grober Entwurf) niedergeschrieben. Daraufhin kommen wir zum 2. und mindestens 3. Entwurf. Drei Etappen sind nach Expertenmeinungen wohl das Mindeste.

Am besten bearbeitet man seine Texte, indem man sich konkrete Fragen stellt und sich selbst beantwortet. Hier sind dafür ein paar Anregungen:

Für Gedichte:

  • Gibt es eine klare Stimme – ein lyrisches Ich, das natürlich rüberkommt?
  • Altertümliche Ausdrucksformen waren einmal gut – natürlich sind sie aber nicht mehr.
  • Inversion – vertauschen der natürlichen Satzgliedreihenfolge ist ebenso veraltet.
  • Gibt es zu viele abstrakte Begriffe? (Hass, Liebe, Wut, Hoffnung – siehe Show, don’t tell!“
  • Hast du lebhafte Veranschaulichungen benutzt – Bilder etc.?
  • Rechtschreibung und besonders Satzzeichen sind sinnvoll und leiten den Leser grazil von Wort zu Wort zu Zeile?
  • Passt das Reimschema und der Rhythmus zum Inhalt?
  • Wenn du einen freien Vers benutzt – hat er genauso Regeln und Strukturen für den Leser? (Auch die vorsätzliche Ablehnung von erkennbaren Strukturen ist geregelt vorzubereiten.)
  • Regelmäßige Reime können leicht den eigentlichen Sinn und den Lesefluss verfälschen, besonders wenn sie forciert werden.
  • Stimmt die Syntax? – Sind die Zeilen ansprechend verbunden und bauen einander auf?
  • Müssen alle Zeilen, Strophen, Adjektive wirklich ins Gedicht oder sind einige nur Füller und könnten auch weggelassen werden, ohne das Gefühl des Gedichts zu verändern?
  • Dies ist wohl das schwierigste beim Überarbeiten. Das Streichen von mindestens 20 % kann wahre Wunder bewirken.
  • Oft wird viel zu viel erzählt und dem Leser nicht vertraut.
  • Hast du tatsächlich das stärkste Ende gewählt oder könnte die letzte Zeile verbessert werden?

Für Prosa:

  • Vieles, das für Gedichte gilt, trifft auch für die Bearbeitung von Prosa-Texten zu.
  • Ist du Zeichensetzung korrekt und führt den Leser angemessen?
  • Beachte Satzenden, keine Schachtelsätze, gut gewählte Absätze etc.
    Kürzere Sätze sind aktiver.
  • Ist die Sprache schlüssig und direkt nachempfindbar oder wird zu viel beschrieben?
  • Wie bei Gedichten muss auch hier die Wortwahl exakt das ausdrücken, was du sagen willst und wie du es rüberbringen willst.
  • Für Charaktere: Passen die Wörter in den Mund des Sprechenden? Passen die Wörter in den Kopf des Sprechenden?
  • Ist die Sprache aktiv?
  • Ist die Sprache sehr formell? (Passiert besonders gern akademischen Gefolgsleuten.)
  • Benutzt du zu viele unnötige Details?
  • Benutzt du aktive Sätze, anstatt passive?
  • Sind deine Verben stark und aussagekräftig?
  • Oft werden schwache Verben mit Adjektiven oder Adverbien aufgepeppt (siehe mehr dazu hier)
  • Hast du genug konkrete, anschauliche Details? (siehe den Beitrag dazu hier)
  • Sind die Beschreibungen zu lang?
  • Manchmal verfällt man in einen Schwall von Informationen, die hier und da seicht eingefügt wesentlich besser wirken würden.
  • Lange Erläuterungen können als Effekt den Leser aus dem Präsens der Story herausnehmen, was meist aber nicht gewünscht wird.
  • Als vorerst Letztes – hat dein Werk die Sinne effektiv benutzt?

PS: Alle Regeln und Hinweise sind nur Anregungen – wer einen guten, wirklich guten Grund hat, diese zu brechen, soll es auch tun.

Hinter der Vielfalt seines Bücherregals verbirgt sich eine Sympathie für Werke entsprungen aus den Genres Fantasy, Sci-Fi, Horror und Gesellschaftskritik. Als geneigter Leser wandelt Nico zwischen der LitWelt und SchreibWelt. In letzterer tradiert er seine Erfahrungen als Lektor, Autor und Verleger zur Unterstützung aufstrebender Schriftsteller.

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