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Im Februar haben wir die Bestenlisten des Internets nach den ultimativen Must-Read-All-Time-Faves durchstöbert. Heraus kam eine Liste, die man durchaus als anglo-affin bezeichnen kann. Kein einziger deutschsprachiger Autor hat es in die Must-Read-Charts geschafft. Das können wir so nicht stehen lassen und widmen die aktuellen Redaktionsfavoriten deshalb unseren Dichtern und Denkern. Damit die Entscheidung zwischen all den lesenswerten Werken etwas leichter fällt, durfte jeder zwei Favoriten bestimmen.

Hier kommen die 10 Bücher deutschsprachiger Autoren, die man unserer Meinung nach unbedingt gelesen haben sollte:

Heinrich Böll: „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“
Die verlorene Ehre der Katharina BlumNico: Das Vertrauen in die Presse ist rissig geworden und Bölls warnende Erzählung »Die verlorene Ehre der Katharina Blum« greift das Thema frontal auf. Feind des Geschehens ist die Boulevardpresse, durch welche die unschuldige Frau Blum in den Fleischwolf der Öffentlichkeit gerät. Der geneigte Leser wird allerdings nicht in die Falle tappen, der Presse die uneingeschränkte Schuld zuzuschieben, sondern den effekthaschenden Konsumenten gleichermaßen. Nicht jede Nachricht, egal auf welchem Weg sie verbreitet wird, sollten du und ich uneingeschränkt glauben schenken. Böll schreit nicht nach der Abkehr von allen Fakten, sondern von menschlichem Verstand im Umgang mit Informationen, die uns heute noch viel umfangreicher zur Verfügung stehen und somit einer größeren Verantwortung jedes Einzelnen unterstehen. Ohne Frage brandaktuell und eine deutsche Perle der Literatur.

Gotthold Ephraim Lessing: „Nathan der Weise“
Nathan der Weise: Ein dramatisches Gedicht in fünf AufzügenChristina: Auch wenn „Nathan der Weise” bereits Ende des 18. Jahrhunderts veröffentlicht wurde, ist die Thematik des Dramas aktueller denn je. Die Botschaft von Toleranz und Verständnis füreinander, auch wenn man nicht dieselben Ansichten oder dieselbe Religion teilt, ist gerade in Zeiten von Trump, Brexit und Co. wichtiger denn je. Nicht umsonst wird das Werk auch heute noch in der Schule behandelt. Für mich auf jeden Fall ein Buch, das man gelesen haben sollte.

Anna Seghers: „Der Ausflug der toten Mädchen“
Der Ausflug der toten Mädchen: und andere Erzählungen (Allemand)Svea: Kurze Lektüre von enormen Gewicht: Mit „Ausflug der Toten Mädchen“ führt Anna Seghers dem Leser auf knapp 140 Seiten die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs vor Augen. Vom Exil, über zerrüttete Beziehungen bis hin zu brutalen Todesopfern – alle Facetten werden beleuchtet. Im ungewöhnlichen Gewand eines schönen Sommertages kommen Ausblicke auf eine vom Krieg gezeichnete Zukunft daher. Ferne Erinnerungen und neue Erkenntnisse gehen ineinander über. Der Weg der Autorin und der ihrer Schulkameraden stehen dabei exemplarisch für Millionen Schicksale. Der Krieg verändert einfach alles und auch die Unschuldigsten sind nicht davor gefeit – eine schmerzhafte und allzu wahre Erkenntnis.

„Das Tagebuch der Anne Frank“
TagebuchMicha: Es gibt reichlich Literatur über den Schrecken des Nationalsozialismus, doch das Tagebuch der Anne Frank nimmt hier einen besonderen Stellenwert ein. Wir erleben mit ihr, was es heißt, sich als junge Jüdin im von Nazis besetzten Amsterdam zu verstecken. Wir lernen die privaten Gedanken und Gefühle eines Mädchens kennen, dass an der Schwelle zum Erwachsenwerden steht. Ihre Geschichte erinnert uns daran, dass hinter jedem der mindestens 13 Millionen Opfer des Nationalsozialismus ein Mensch mit Hoffnungen und Träumen steckte. Das Buch wirft einen authentischen Blick in das dunkelste Zeitalter der deutschen Geschichte.

Max Frisch: Homo Faber
Homo faber: Ein BerichtAnja:  Ich erinnere mich noch genau an den Moment als Walter Faber in mein Leben trat – ein technoider, bindungsunfähiger, frauenfeindlicher Rationalist, ein verabscheuungswürdiger Kerl, der die Welt so ganz anders sah als ich. Mit Empörung las ich seinen Reisebericht, mit Inbrunst diskutierte ich mit anderen gegen seine Weltanschauung und mit Erstaunen musste ich feststellen, dass ein Schulbuch mich in seinen Bann gezogen hatte.
Max Frisch ist ein Meister der Parabel – seine stärkste Waffe: die Sprache. Während wir uns zum wahren Kern der Figuren vorarbeiten, an der Fassade des braven Bürgers kratzen und hinter Zynismus Verzweiflung erkennen, hinter scheinbar pflichtbewusstem Verhalten Feigheit und hinter repetitiven und banalen Sätzen die Entfremdung vom Selbst, werden wir gleichzeitig gezwungen, unsere eigenen Wertvorstellungen und Ansichten von der Welt zu hinterfragen. Das macht Max Frischs Protagonisten so interessant und „Homo Faber“ so lesenswert.

Friedrich Schiller: „Die Räuber”
Die Räuber: Ein Schauspiel (Suhrkamp BasisBibliothek)Nico: Friedrich Schillers »Die Räuber« ist ganz klar eines der deutschen Must-Reads. Das aufklärerische Werk des Sturm und Drangs erzählt von den Folgen einer ungerechten Behandlung zweier Brüder, die sich gegeneinander wenden und somit beider Untergang besiegeln. Sie verkörpern die beiden Seiten Verstand und Herz, die für sich allein nichts Gutes bewirken können, eine Erkenntnis, die der zum Räuber werdende Bruder Karl Moor zu spät erkennt, als seine Liebe wie sein Erbe für ihn bereits verloren sind. Die Thematik des Aufbegehrens gegen Normen ist bis heute relevant, weshalb die Lehren aus dem Stück nicht in Vergessenheit geraten sollten: weder Hass noch Intelligenz führen zum Ziel.

Bernhard Schlink: „Der Vorleser“
Der VorleserChristina: Was hättest du getan? „Der Vorleser“ erzählt nicht nur die Liebesgeschichte eines sehr ungleichen Paares, sondern wirft auch viele ethische Fragen rund um den Zweiten Weltkrieg auf. Ich habe die Geschichte, die mit jeder Menge Tabus bricht, geradezu verschlungen.

 

 

Patrick Süskind: „Das Parfum“
Das Parfum: Die Geschichte eines MördersSvea: „Krimi oder Kunst?“, fragt man sich Seite für Seite. Patrick Süskind hat in „Das Parfum“ den vielleicht ungewöhnlichsten Protagonisten überhaupt geschaffen: einen Duftsammler ohne Eigengeruch, vor allem aber ohne jegliche Empathie. Doch zeugen seine Morde nicht etwa von Blutdurst, sondern haben bei aller Abnormität etwas Kunstvolles. Grenouilles grausames Werk ist eine Art Studie über den Menschen, dem er sich nur teilweise zugehörig fühlt. Seine Taten, die ihn einerseits um den letzten Funken Menschlichkeit bringen, lassen ihn andererseits am Menschsein teilhaben. Denn Grenouilles Parfums haben Einfluss auf den Menschen, und ihm als Schöpfer liegt dadurch eine düstere Magie inne. Ein ganz besonderes Buch – nicht nur für Krimifans ein Muss!

Heinrich Heine: „Deutschland ein Wintermärchen“
Deutschland. Ein Wintermärchen (insel taschenbuch)Micha: Heine beweist mit seinem kritischen und satirischen Werk, dass Heimatliebe nicht zwangsweise mit blindem Patriotismus einhergehen muss. Er kritisiert die reaktionären Kräfte, die sein geliebtes Heimatland fest im Griff haben, wohingegen sich Frankreich zum Vorreiter eines sozialeren Europas aufschwingt. Das Werk lässt sich für seine Zeit erstaunlich einfach lesen, jedoch empfiehlt es sich, sich etwas historisches Hintergrundwissen anzueignen, um die Pointen auch wirklich verstehen zu können.

Stefan Zweig: „Die Schachnovelle“
SchachnovelleAnja: Während der Überfahrt von New York nach Buenos Aires kommt es auf einem Passagierdampfer zu einem Schachduell der besonderen Art. Nachdem ein erfolgsbesessener Millionär den amtierenden Schachweltmeister zu einer Partie herausgefordert und verloren hat, fordert er eine Revanche. Auch diese droht in einer Niederlage zu enden, bis ein Fremder dem Millionär hilft, ein Remis zu erspielen. Das macht Eindruck und der Mann, der sich als Dr. B. vorstellt, soll nun selbst gegen den Weltmeister antreten. Nach einigem Zögern willigt er ein, unter der Bedingung, nur diese eine Partie zu spielen, aus Angst, dem „leidenschaftlichen Spielfieber” zu erliegen. Dem Ich-Erzähler vertraut Dr. B. schließlich an, dass der Ursprung dieses manischen Fiebers in einem dunklen Raum zu finden ist …
Stefan Zweig gewährt uns in seinem letzten Werk einen tiefen Einblick in die Seele eines gepeinigten und traumatisierten Mannes. Sein Psychogramm ist trotz seiner Kürze so eindringlich und bewegend, dass es einen tiefen Eindruck hinterlassen hat – wie kaum ein anderes Buch.

Auf Anjas Speisekarte stehen überwiegend alte Schinken aus vergangenen Jahrhunderten: gut abgehangen, manchmal etwas zäh, doch immer eine vollmundige Angelegenheit. Dazu gönnt sie sich ab und zu ausgesuchte Tropfen der aktuellen Literaturlese: mal trocken-humorig, mal feinherb-gesellschaftskritisch. In ihrer Rubrik Litopian Life geht es um alles, was das Leben als Büchernarr (noch) schöner macht. Manchmal schauen hier auch prominente Bücherfreunde vorbei um von ihren Reisen durch das bunte Universum der Literatur zu berichten.

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