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ueber-schreiben

„Na klar kann man das Schreiben lernen. Wozu besteht denn Schulpflicht?!“ Diese Antwort wird einem womöglich als erste (unüberlegte Antwort) auf jene überflüssig anmutende Frage in den Kopf kommen. Doch der geneigte Leser kann sich natürlich bereits denken, dass es hier nicht um Orthografie- und Zeichensetzungsregeln gehen soll, sondern um die Streitfrage, ob kreatives Schreiben (oder Kreativität als solche) erlernbar ist. Wirft man einem Blick nach Leipzig und Hildesheim, die in ihren Literaturinstituten die neue schriftstellerische Elite heranzüchten (WOLLEN), erhalten wir ein überzeugtes „Ja“ zur Antwort. Mag man google Glauben schenken, ergibt die Suchanfrage „learn how to write“+ novel 11.900.000 Treffer, „creative writing“ 6.810.000 Ergebnisse und „Schreibschule“ kommt immerhin noch auf 161.000 Links.

Doch die Verfasserin dieser Zeilen ist da ganz anderer Meinung und deshalb möchte ich mich im Folgenden mit dem Für und Wider bezüglich der Erlernbarkeit von Schreiben auseinandersetzen. Was man meiner Meinung nach Lernen kann, ist das Handwerkszeug, verstanden als die verschiedenen Arten eine Geschichte zu Papier zu bringen. Soll es in Form einer Kurzgeschichte, einer Novelle, eines Romans oder in einer ganz anderen Gattung geschehen? Dazu kann man sich schlau machen, welche Merkmale für welche Art typisch sind und welche Ziele mit welcher Gattung erreicht werden sollen. Will ich als Schriftsteller eine Biografie über eine Person verfassen, wähle ich wohl die Romanform, falls es sich um eine fiktionale Person handelt, bzw. die Form des Sachbuchs, wenn es um eine historische Persönlichkeit geht. Will ich hingegen eine „Unerhörte Begebenheit“ abbilden, entscheide ich mich sicher für die Kurzgeschichte. Kurz: Die äußere Form unterliegt gewissen Regeln, die erlernbar sind.

Und bestimmt ist es auch möglich, sich in Sachen Disziplin zu trainieren. Für das Schreiben ist diese Fähigkeit von äußerster Wichtigkeit. Ein Roman schreibt sich nicht von alleine und nur eine Stunde Arbeit pro Woche lassen solch ein Projekt sicher scheitern. Hat man nun also genug Disziplin und ausreichend Wissen über die äußere Form, gibt es sogar noch Kreativitätstechniken, die einem dabei helfen sollen, den Stoff entsprechend umzusetzen. (Dazu werden Sie in einer unserer nächsten Ausgaben informiert.)

Aber der Inhalt? Hierfür bedarf es der Kreativität und viel Phantasie. Dies ist nicht erlernbar. Auch auf die Gefahr hin, ein wenig emotional zu klingen, finde ich, dass man diese Gabe entweder hat, oder eben nicht. Ist es nicht so, dass plötzlich ein neues Thema in der Literatur aufgeworfen wird und einige Schriftsteller dann auf diesen Zug aufspringen? Hierzu sei die „Generationen-Thematik“ genannt: Sie wurde von Florian Illies in seinem im Jahre 2000 erschienenen Buch „Generation Golf“ begründet, um die Merkmale der in den 1980er Jahren in der Bundesrepublik aufgewachsenen Menschen zu charakterisieren (wobei dahingestellt sein mag, inwiefern man dieses Werk ernst nehmen kann oder ob es sich nur um eine Aufzählung von Stereotypen handelt), und ist seither unzählige Male kopiert worden. So finden sich in den Regalen der Buchhändler Titel wie „Generation Praktikum“, „Generation doof“ und viele andere Werke dieser Machart. Von der von Illies damals entworfenen, neuartigen und kreativen Idee ist nicht mehr viel übrig.
Neuartige Einfälle, die der Kreativität bedürfen, werden also zum Trend und werden nur noch nachgemacht. Modernes Epigonentum? Möglich. Und mancher wird argumentieren, dass es in Zeiten der Postmoderne ohnehin nichts mehr komplett Neues geben kann. Doch darum soll es hier auch nicht unbedingt gehen. Eher um das Entdecken und den kreativen Umgang mit neuen Themen. Aber selbst das kann manch einer nicht auf eigene Faust, sondern bedient sich bei den Ideen der inzwischen selten gewordenen Spezies des noch wirklich kreativen Schriftstellers.

Eine abschließende, kleine Anekdote zum Thema:

Sinclair Lewis was once booked to give a lecture at Columbia University on the writer’s craft: „How many of you here are really serious about being writers?“ Lewis began. A sea of enthusiastic hands were raised. „Well,“ said Lewis, „why the hell aren’t you all at home writing?“
Then, having completed his ‚lecture‘ he promptly sat down.

Auf Anjas Speisekarte stehen überwiegend alte Schinken aus vergangenen Jahrhunderten: gut abgehangen, manchmal etwas zäh, doch immer eine vollmundige Angelegenheit. Dazu gönnt sie sich ab und zu ausgesuchte Tropfen der aktuellen Literaturlese: mal trocken-humorig, mal feinherb-gesellschaftskritisch. In ihrer Rubrik Litopian Life geht es um alles, was das Leben als Büchernarr (noch) schöner macht. Manchmal schauen hier auch prominente Bücherfreunde vorbei um von ihren Reisen durch das bunte Universum der Literatur zu berichten.

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